"Das ist keine kleine Reform!" erklärte Ulla Schmidt, nachdem sich die Große Koalition in der Nacht vom 19. auf den 20. Juni einig war, die kriselnde gesetzliche Pflegeversicherung zu retten. Hier erfahren Sie die wichtigsten Maßnahmen, wie gesetzlich und privat Versicherte davon betroffen sind – und warum man trotz gesetzlicher Pflegeversicherung auch eine private Pflegezusatzpolice braucht. Vor allem hat die Koalition eins beschlossen: eine Beitragserhöhung! Mit den erwarteten Mehreinnahmen soll die chronisch klamme Pflegekasse bis ins Jahr 2014 mit ausreichend Geld versorgt werden. Pro Jahr rechnen die Experten mit Mehreinnahmen von ca. 2,5 Milliarden Euro.
Der Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung soll ab dem 1. Juli 2008 um 0,25 Prozentpunkte steigen. An die Pflegekasse geht dann pro Arbeitnehmer 1,95 Prozent des Bruttolohns. Dieser Satz gilt bis zur Einkommensgrenze von 3562,50 Euro. Wer mindestens so viel verdient, unterstützt die Pflegekasse mit dem Maximalbeitrag von 69,45 Euro im Monat. Die Arbeitnehmer werden nicht allein belastet. Wie bisher übernehmen die Arbeitgeber die Hälfte des Beitrags. Schon zum 1. Januar 2008 werden außerdem die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um 0,3 Prozentpunkte sinken. Natürlich profitieren Selbstständige, Freiberufler und Rentner davon nicht.
Kinderlose werden wie bisher mit einem Aufschlag von 0,25 Prozentpunkten belastet. Ab dem 1. Juli 2008 werden also 2,2 Prozent ihres Einkommens in die Pflegeversicherung überwiesen. Auch privat Versicherte müssen in die gesetzlich vorgeschriebene Pflegeversicherung einzahlen – wenn sie erwerbstätig sind. Der Unterschied: Während gesetzlich Versicherte einen einheitlichen Beitragssatz zahlen, können Privatpatienten durch die freikalkulierbaren Prämien der privaten Gesellschaften vergleichen und somit Beiträge sparen. Im Pflegefall erhalten trotzdem alle Versicherten die gleichen Leistungen wie Kassenmitglieder – unabhängig vom Versicherer.
Pflegebedürftige und ihre Angehörige bekommen etwas mehr Geld, allerdings werden die Erhöhungen in Etappen ausgezahlt. Ferner werden die Beiträge für „stationäre Sachleistungen“ etwas steigen. Allerdings werden nur die Beträge für Pflegestufe III sowie für so genannte Härtefälle angepasst. Weiterhin wurde die Überprüfung der Pflegeleistungen alle drei Jahre und die Anpassung der Lohn- bzw. Inflationsentwicklung ab 2015 beschlossen.
Bisher wurden die Betreuer von Altersverwirrten kaum unterstützt, denn Demenzkranke sind körperlich oft relativ gesund und passen damit nicht ins Raster der Pflegestufen. Künftig überweisen sie Pflegekassen für die Betreuung eines altersverwirrten Menschen bis zu 2400 Euro pro Jahr. Auch sonst werden pflegende Angehörige etwas entlastet. Künftig darf man bis zu sechs Monate „Pflegezeit“ nehmen und kann sich von seiner Berufstätigkeit freistellen lassen. Gehalt wird in dieser Zeit zwar nicht überwiesen, wohl aber besteht ein Rückkehrrecht in den Betrieb. Bei kurzfristigem Pflegebedarf soll ebenfalls ein Freistellungsanspruch von bis zu 10 Tagen möglich sein – ob der von der Krankenkasse bezahlt wird, ist allerdings noch nicht klar (Stand: Juni 2007).
Weil die Leistungen der Pflegekasse schon heute nicht ausreichen, ist man gut beraten eine Private Pflegezusatzversicherung abzuschließen. Für einen Heimplatz in Pflegestufe III bekommt man derzeit maximal 1432 Euro Zuschuss – die wirklichen Kosten liegen aber bei ca. 3000 Euro. Die Differenz von etwa 1500 Euro muss man also aus eigener Tasche zahlen, es sei denn, man hat mit einer Pflegezusatzversicherung vorgesorgt. Und die wird immer wichtiger, denn Experten erwarten, dass die Pflegekosten eher steigen werden, während die Leistung der Pflegeversicherung langfristig zurückgeht.
Die Zusatzpolice sollte man so früh wie möglich abschließen! Je jünger die Versicherten sind, desto geringer sind nämlich die Beiträge. Außerdem werden in manchen Tarifen Gesundheitsprüfungen fällig – ein Nachteil für alle, die schon älter sind und Vorerkrankungen haben.
Die Krankenkassen und Versicherungsgesellschaften bieten drei Arten von Pflegezusatzversicherungen an:
- Pflegerentenversicherungen zahlen je nach Hilfsbedarf eine monatliche Rente.
- Pflegekostenversicherungen übernehmen die Restkosten der Pflege je nach Tarif ganz oder teilweise.
- Pflegetagegeldversicherungen zahlen gegen Nachweis der Pflegebedürftigkeit einen vereinbarten festen Geldbetrag pro Pflegetag. Das Tagegeld wird unabhängig von den tatsächlichen Belastungen durch die Pflege überwiesen.